Im Jahr 1617 bringt ein Johan Sterkell seinen Sohn Hans zur Taufe. Dies ist der erste bekannte Taufeintrag eines „Sterkell“ in den Kirchenbüchern von Erbstadt. Der Vater Johan hat 1619 noch eine Tochter mit Namen Irmelia taufen lassen. 1635 ist Johan zusammen mit seiner Frau und seinem Sohn Caspar gestorben. Im gleichen Jahr sind auch ein Bastian, dessen Frau und zwei Töchter gestorben. Vielleicht ein Bruder oder ein weiterer Sohn von Johan. Die Jahre 1635 bis 1637 waren wohl die furchtbarsten in der Geschichte des Dorfes. Der 30-jährige Krieg und die Pest haben damals in der Wetterau gewütet. In diesen drei Jahren gab es 155 Beerdigungen, während es in normalen Jahren lediglich eine Handvoll waren.
Überlebt hat ein Hans Sterkell, wahrscheinlich der 1617 Getaufte. Er hatte mit seiner Frau Lucretia mehrere Kinder: Adam, Johannes, Gertraud und Peter. Zwei weitere Kinder sind gestorben. Vielleicht hat er die Jahre der Pest überlebt, weil er zu der Zeit gar nicht im Dorf war. Er bittet nämlich im Jahr 1664 den Pfarrer ins Kirchenbuch eine Abschrift eines Ehebriefes anzufertigen. Dieser Brief wiederum stammt aus dem Jahr 1639 und wurde von einem Feldprediger des Lüneburgischen Leibregiments verfasst. Darin wird bescheinigt, daß Johan (Hans) Sterckell von Erbstadt aus der Wetterau eine Evila aus Bösingfelden geheiratet hat. Offensichtlich war Hans also selbst im Krieg und ist durch das Land gezogen. Ob Evila und Lucretia die gleiche Person sind, ist nicht klar.
Für uns Störkels mit Vorfahren aus Erbstadt hat dies die Konsequenz, daß wir alle denselben Urahn, nämlich Hans, haben und somit alle miteinander verwandt sind.
Vielleicht tragen meine Nachforschungen in den Kirchenbüchern und der daraus resultierende Stammbaum dazu bei, daß ein jeder Störkel, der sich dafür interessiert, seinen Weg bis hin zu unserem Urahn Hans verfolgen kann. Man kann dessen Nachkommenschaft seinen vier Kindern zuordnen.
Gertraud hat im Jahr 1667 einen Andreas Leichner geheiratet. Der Name Leichner gehört ebenfalls zu den angestammten Familiennamen in Erbstadt. Den Weg ihrer direkten Nachkommen habe ich bisher nicht weiter nachverfolgt.
Adam hat im Jahr 1677 eine Anna aus Bönstadt geheiratet und ist dort hin gezogen. Dieser Wohnortwechsel war aber nur ein sehr kleiner Schritt im Vergleich zu denen seiner Nachkommen. Im Jahr 1766 hat sich sein Ur-Ur-Enkel Johann Wilhelm (*1744) zusammen mit seiner Frau Maria Katharina Jünger auf den Weg nach Russland gemacht (zusammen mit vielen anderen Wetterauern, auch aus Erbstadt) und ist im Jahr 1767 in Norka im Wolgagebiet angekommen. (Über die anderen Störkels aus Bönstadt ist mir nichts weiter bekannt. Im späten 19. Jahrhundert kommt ein Friedrich Karl Störkel aus Bönstadt zurück nach Erbstadt. Vielleicht stammt er von Adam ab.) Russland war für manche Nachfahren des Adam aber auch nur eine Zwischenstation. Im Jahre 1880 ist beispielsweise ein Conrad Starkel mit seiner Familie nach Amerika eingewandert. Zuerst nach Iowa, wo sein Sohn „Con“ geboren wurde, später in den Bundesstaat Washington. „Con“ war im frühen 20. Jahrhundert Baseballprofi. Es ist gut möglich, daß weitere Nachfahren der „Bönstädter Wolgadeutschen“ nach Amerika ausgewandert sind, denn es gibt sehr viele Amerikaner, die sich in ihrer Ahnenreihe auf Johann Wilhelm Störkel aus Bönstadt beziehen.
Alle anderen Störkels, die zunächst in Erbstadt geblieben sind, stammen dann entweder von Johannes (*1654 und verheiratet mit Anna Margaretha Heckmann) oder von Peter (verheiratet seit 1663 mit Catharina Walther) ab. In der „Johannes-Linie“ finden sich viele unterschiedliche Berufe, aber kaum Bauern. Hingegen wurde die Landwirtschaft bei vielen Nachfahren von Peter über viele Generationen weitergeführt.
Die Nachfahren von Johannes finden sich heute wohl in folgenden Erbstädter Familien: Familie Heinrich Störkel (der frühere Bürgermeister), Familie Störkel in der Winnerstraße (Ecke Bönstädter Straße), Bäckerei Störkel (Plagens), Gutermuth, Härtlein, Hild, Wolf, Weisenstein, Meiß, Schaubach. Einige Nachfahren des Johannes sind auch nach Amerika ausgewandert (siehe „Auswanderer“).
Peter´s Nachkommen lassen sich zunächst mal seinen beiden Söhnen Johannes und Wilhelm zuordnen. Von Johannes stammen dann einmal die Wirtspeters ab, zu denen ich gehöre und die ich deshalb woanders etwas ausführlicher beschreibe. Von ihm stammen aber auch über einen Sohn Konrad, der um 1780 eine Christina Bönig aus Eichen heiratete, die Familien Bär (Erbsengasse) und Reitzammer ab. Von Peter´s Sohn Wilhelm stammt die Familie Steffan ab sowie die Störkels, die man im Dorf als „Hanneses“ (nach deren Vorfahr Heinrich 1844-1935) bezeichnet und die Störkels, die „Hofleuts“ genannt werden, weil deren Vorfahren den Pfaffenhof bewirtschaftet hatten. Die Hofleut-Vorfahren hatten übrigens zwischendurch einen kleinen „Ausflug“ (zwei Generationen lang) nach Stammheim gemacht.
Mein Opa erwähnt in seinen Aufzeichnungen den Erbstädter Lehrer und späteren Schulrat Heinrich Schäfer. Dieser habe in einem Marburger Archiv (wahrscheinlich das Hessische Staatsarchiv) herausgefunden, daß der Name „Sterkell“ bereits um das Jahr 1400 im Zusammenhang mit Erbstadt und dem Schloss Naumburg erwähnt wird. Dies zu bestätigen und einen Zusammenhang mit Johan und Hans aus dem 17. Jahrhundert herzustellen, ist eine noch zu bewältigende Aufgabe.
Eventuell hilft auch ein Blick ins Nachbardorf Heldenbergen. In einer sehr ausführlichen, 1989 eschienenen Chronik zur 1150 Jahr Feier, taucht unser Familienname mehrmals auf. In einer Aufstellung von Zinsverpflichtungen gegenüber der Kirche aus dem Jahr 1581 findet sich ein Johann Sterkel. Und bei der Auflistung von Geschworenen des Dorfgerichts finden sich im Jahr 1455 ein "Sterckelhenn" und im Jahr 1433 ein "Sterckelshenn nachbern".